Beschämend mildes Urteil im Prozess um 1,2 t Elfenbeinschmuggel in Deutschland

Verbot des Elfenbeinhandels in Deutschland und der EU ist weiterhin offen.

In Cottbus ist am 12.11.2020 ein Angeklagter für den illegalen Handel mit 1,2 Tonnen Elfenbein mit einer Strafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung davongekommen.

Bei dieser Menge Elfenbein handelt es sich um die größte Beschlagnahmung, die es je in Deutschland gab und eine der größten in Europa.

Der Angeklagte hat 2016 eine Frau mit der Ausfuhr von etwa 600 Kilogramm Elfenbein von Deutschland nach Vietnam beauftragt, wo er beabsichtigte, das Elfenbein zu verarbeiten und zu verkaufen. Die Ware hatte damals in Vietnam einen Schwarzmarktwert von bis zu 2,0 Mio. USD.

Weitere 570 Kilogramm Elfenbein sowie Maschinen zur Verarbeitung wurden drei Monate später in von ihm angemieteten Räumlichkeiten sichergestellt. Straftaten, für die das Gesetz einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Gefängnis vorsieht.

Insgesamt handelte es sich um 720 Stücke in verschiedenen Verarbeitungsstadien, davon 44 Stoßzähne. Der Angeklagte, der seine Taten zugegeben hatte, gab an, die Ware angeblich für nur 4.000 Euro auf Flohmärkten im In- und Ausland ohne Papiere zusammengekauft zu haben. Auf Flohmärkten ist der Handel mit sogenanntem „antiken Elfenbein“ (vor 1947) sowie mit vor 1989 eingeführtem und zertifiziertem Elfenbein immer noch legal.

Woher genau der Hauptteil des höchstwahrscheinlich vor 1989 eingeführten Elfenbeins in Cottbus stammt, ist vor allem aufgrund der großen Menge immer noch unklar. Bei nur 13 Stoßzähnen wurden die Länder Namibia, Simbabwe, Botswana und Südafrika von einem Gutachter ausgeschlossen.

Das milde Urteil ist eine vertane Chance, über die Grenzen von Deutschland hinaus ein deutliches Zeichen gegen Wildtierkriminalität zu setzen. Dass die Hauptverhandlung in einem so brisanten Fall vier Jahre auf sich warten ließ und das Gericht die rechtlichen Möglichkeiten einer scharfen Ahndung der Taten nicht voll ausgeschöpft hat, sendet ein völlig falsches Signal bei den Bemühungen um internationalen Artenschutz.

Vorstandsmitglied Heike Henderson war zur Prozessbeobachtung in Cottbus

Viele Länder in Afrika unternehmen große Bemühungen, um Wilderei und Elfenbeinhandel zu beenden. In Kenia etwa wird der illegale Wildtierhandel mit hohen Gefängnis- und Geldstrafen bis 150.000 Euro geahndet. Nach China, den USA und England sollten auch Deutschland und die EU eine Vorreiterrolle übernehmen und den lokalen Handel, der Schlupflöcher für illegale Ware offenhält, konsequent verbieten.

Jährlich sterben 20 000 Elefanten vor allem durch Wilderei, die durch die Nachfrage nach Elfenbein weiter angeheizt wird. Elefanten sind heute aus großen Teilen ihres einstigen Verbreitungsgebietes verschwunden. Seit 1980 wurde der Bestand Afrikanischer Elefanten von circa 1,3 Millionen auf rund 350 000 verbliebene Tiere reduziert. Neben der Wilderei sind Elefanten vor allem durch Lebensraumverlust und -zerschneidung bedroht.

In Deutschland und der EU ist es weiterhin erlaubt, mit Elfenbein zu handeln, das vor 1990 eingeführt wurde. Diese Gesetzeslücke erleichtert den illegalen Handel, denn legales (älteres) und illegales (jüngeres) Elfenbein lässt sich nicht zweifelsfrei unterscheiden.

Seit 2016 berät die EU über neue Regeln für den Elfenbeinhandel. Gemeinsam mit vielen Tier- und Artenschutzverbänden kritisiert Future for Elephants den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission, der kein umfassendes Verbot vorsieht. Die aktuelle Rechtslage erschwert die Arbeit der Vollzugsbehörden und verschafft kriminellen Händlern – wie auch der Fall in Cottbus zeigt – Schlupflöcher und Grauzonen. Wir fordern daher ein Ende des Elfenbeinhandels mit minimalen Ausnahmen und eine strenge Ahndung bei Vergehen. Denn auch der Handel in Europa befeuert die Nachfrage in Asien und damit die Wilderei auf die letzten wilden Elefanten.

WEITERFÜHRENDE LINKS

Über den Zusammenhang von Elfenbeinhandel und Wilderei:

Die Politik und der Elfenbeinhandel

Stellungnahme von 28 Tierschutzverbänden für ein Verbot des Elfenbeinhandels in der EU

Future for Elephants war am 12. November als Prozessbeobachter vor Ort:

Naturschützer befürchten Sogwirkung durch mildes Urteil
Am Landgericht Cottbus wurde ein Elfenbein-Schmuggler zu einer Strafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt

Bewährungsstrafe wegen illegalem Elfenbeinhandel
Wegen des illegalen Handels mit mehr als einer Tonne Elfenbein hat das Landgericht Cottbus einen 50-jährigen Mann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt