Mysteriöser Tod zweier Zirkuselefanten: Ermittlungen wegen Tierquälerei

Zirkus- und TV-Star René Casselly im Zwielicht – illegal entfernte Stoßzähne beschlagnahmt

Unter mysteriösen Umständen kamen im ungarischen Szada die beiden Zirkuselefanten Mambo und Betty ums Leben. Die im Besitz der deutschen Zirkusfamilie Casselly befindlichen Tiere wurden bereits am 17. August in einem Transporter tot aufgefunden, vermutlich sind sie erstickt.

Zirkus Casselly
Betty, gestorben am 17.08.2020
Betty, gestorben am 17.08.2020
Mambo, gestorben am 17.08.2020
Mambo, gestorben am 17.08.2020

Mambo war der letzte Elefantenbulle in einem europäischen Zirkus. Im Alter von zwei Jahren war er aus der afrikanischen Wildnis gefangen und nach Deutschland verschleppt worden.

Mehr als zwei Monate lang hat René Casselly den Tod der Elefanten vertuscht – sowohl der Öffentlichkeit als auch den Behörden gegenüber. Die Kadaver wurden in einer Nacht- und Nebelaktion in Szada vergraben. Aus „Gründen der Pietät“, habe man keine Obduktion veranlasst, ließ der 23jährige Zirkus-Star und Favorit der RTL-Show „Ninja Warrior Germany“ verlauten. Die Pietät hinderte die Cassellys jedoch nicht daran, die Stoßzähne der toten Elefanten zu entfernen, wie mittlerweile bekannt ist. Das ungarische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (NEBIH) und die Polizei ermitteln nun u.a. wegen illegalem Begraben von Tierkörpern, Verstößen gegen den Tierschutz sowie Tierquälerei. Die Stoßzähne wurden beschlagnahmt.

Casselly, der sich zunächst mit angeblich „gebrochenem Herzen“ in sozialen Medien präsentiert hatte, blieb Antworten auf die Umstände des Unglücks schuldig und hat sich in etliche Widersprüche und Unwahrheiten verstrickt. Die Einwohner von Szada schreckte er mit der Vermutung auf, die Elefanten seien an einem Virus gestorben. Laut dem Agrarministerium, das den Vorfall untersucht, hat es jedoch keine Anzeichen einer Infektion gegeben.

Licht ins Dunkel bringen könnte Dr. Endre Sos, der leitende Veterinär des Zoos in Budapest. Er war am Unglückstag nach Szada geeilt, um die ebenfalls betroffene Elefantenkuh Tonga zu behandeln. Den Tod von Mambo und Betty bescheinigte er auf einem – seltsamerweise nicht mit Ausstellungsdatum versehenen – Dokument. Doch auch er hat den Tod der Elefanten nicht an offizielle Stellen gemeldet.

Zu den vielen Fragen, die noch offen sind, gehört auch, warum die Elefanten am Tag vor ihrem Tod nach Töltestava transportiert wurden. Dort befindet sich das neue Anwesen der Cassellys, auf dem derzeit eine Anlage gebaut wird, die man sich ähnlich dem Safari Park in Szada als Mischung aus stationärem Zirkus und provisorischem Zoo vorstellen muss. René Cassellys Erklärung, man habe den Elefanten ihre künftige Heimat zeigen wollen, klingt wenig plausibel.

Verdichtet haben sich indessen Gerüchte, dass dort an jenem Tag ein RTL-Filmteam vor Ort gewesen sei, um neue Stuntszenen mit den Elefanten zu drehen. Für Cassellys akrobatische Tricks mussten die Elefanten regelmäßig als Sprungbrett oder Landeplattform herhalten. Nach der Rückkehr in den Safari Park Szada, so schildert das ungarische Presseorgan Telex, habe man die Elefanten nicht aus dem Transporter geholt, sondern bei stürmischer Wetterlage darin eingesperrt gelassen. Der Transporter habe regelmäßig als provisorisches Nachtquartier gedient. Wie es zu der Tragödie kam, bleibt bislang rätselhaft.

Heftige Kritik an der Elefantenhaltung der Cassellys wird jedoch seit Jahren geäußert – auch in Deutschland, wo die Truppe mit ihren Elefanten regelmäßig in Weihnachtszirkus-Programmen gastierte. „Die Elefanten befanden sich in desolatem Zustand“, sagt Iris Koch, Vorstandsmitglied bei Future for Elephants e. V. Bekannt geworden waren etwa Vorfälle, bei denen die Elefanten mit Elektroschockern oder spitzen Metallhaken traktiert wurden. Für ein bundesweites Wildtierverbot im Zirkus sei es allerhöchste Zeit, betont Koch.

Dies fordern auch Tierschützer in Ungarn. Vor drei Jahren waren dort Fotos in Umlauf geraten, die Mambo und Betty schockierend abgemagert beim Training mit René Casselly zeigten. Ungarische Tierschutzorganisationen forderten ein Eingreifen der Behörden, leider vergeblich. Mambo war bei seinem Tod erst 37 Jahre alt, Betty 39 Jahre.

Im Rampenlicht steht seit dem Unglück auch der so genannte Safari Park in Szada, den Josef Richter – Direktor des Ungarischen Nationalzirkus und Schwager von René Casselly – erst im März diesen Jahres eröffnet hat. Aufgrund der Pandemie waren die fünf Casselly-Elefanten vorwiegend dort untergebracht. Wie auf Fotos in sozialen Medien zu sehen ist, waren die Elefanten lediglich mit provisorisch wirkenden Elektrodrähten eingezäunt und konnten von Besuchern in direktem Kontakt gefüttert werden.

Zumindest damit ist nun Schluss: Aktuell hat der Bürgermeister von Szada die im Frühjahr erteilte Genehmigung für Joszef Richters Safari Park widerrufen. Der Betrieb in Form einer Zirkusmenagerie oder eines Zoos gefährde den Frieden und die Sicherheit der in der Nähe des Parks lebenden Bewohner, heißt es in einer Erklärung. Ob die Genehmigung der im Bau befindlichen Anlage der Cassellys in Töltestava ebenfalls widerrufen wird, bleibt abzuwarten.