Ein Nachruf
Dr. Iain Douglas-Hamilton, einer der bedeutendsten Naturschützer unserer Zeit und Gründer von Save the Elephants, ist am 8. Dezember 2025 im Alter von 83 Jahren in Nairobi gestorben. Mit ihm verliert die Welt einen Mann, der mehr als sechs Jahrzehnte lang die Beziehung zwischen Menschen und Elefanten geprägt hat – durch Wissenschaft, durch politische Überzeugungsarbeit und durch eine seltene Beharrlichkeit, die ihn zu einem Symbol des modernen Artenschutzes machte.
Geboren am 16. August 1942 in Dorset, wuchs Douglas-Hamilton in einer Familie auf, deren frühe Geschichte von Krieg und Verlust gezeichnet war. Sein Vater, ein Spitfire-Pilot, fiel 1944. Trotzdem entwickelte der junge Iain früh eine klare Vorstellung von seiner Zukunft. Die Jahre in Südafrika und später an der Gordonstoun School in Schottland ließen in ihm eine Sehnsucht nach Afrika wachsen, die ihn nie wieder losließ.
Mit 23 Jahren kam er nach Tansania. Was damals begann – eine Doktorarbeit über das Verhalten wilder Elefanten im Lake-Manyara-Nationalpark – sollte aus heutiger Sicht ein Wendepunkt im Naturschutz werden. Douglas-Hamilton beobachtete Elefanten nicht nur aus der Distanz; er verbrachte Tage und Monate damit, ihre Bewegungen, Interaktionen und Familienstrukturen minutiös zu dokumentieren. Er identifizierte Hunderte von Tieren anhand von Ohren, Narben und Körpermerkmalen – eine Methode, die damals neu war und heute Standard ist. Seine Arbeiten prägten das wissenschaftliche Verständnis von Elefantengesellschaften nachhaltig.
Seine Forschung begeisterte nicht nur Fachkreise. 1975 veröffentlichte er gemeinsam mit seiner Frau Oria Among the Elephants, ein Buch, das vielen erstmals zeigte, wie komplex und sozial diese Tiere wirklich sind. Die Zusammenarbeit der beiden wurde zum Fundament eines gemeinsamen Lebenswerks.
Doch die Faszination wich bald Ernst. In den 1970er- und 1980er-Jahren erreichte der Elfenbeinhandel ein katastrophales Ausmaß. Douglas-Hamilton führte Zählungen durch, deren Ergebnisse die Welt erschütterten: Afrikas Elefantenpopulation fiel Schätzungen zufolge von rund 1,3 Millionen Tieren im Jahr 1979 auf etwa 600.000 im Jahr 1989. Er präsentierte diese Daten internationalen Gremien und Regierungen – darunter dem US-Kongress – und wurde zu einer zentralen Stimme im Kampf gegen die Wilderei. Seine Arbeit war mitentscheidend für das 1989 von den CITES-Vertragsstaaten beschlossene internationale Handelsverbot für Elfenbein.
1993 gründete er in Kenia Save the Elephants. Die Organisation wurde schnell zu einem globalen Bezugspunkt im modernen Elefantenschutz. Unter Douglas-Hamiltons Leitung wurden GPS-Halsbänder eingesetzt, um Wanderbewegungen präzise zu verfolgen; Migrationskorridore wurden identifiziert; Projekte zur Konfliktminderung zwischen Menschen und Elefanten etabliert. Diese wissenschaftlich fundierten Ansätze beeinflussen heute Schutzstrategien in weiten Teilen Afrikas.
Auch in späteren Jahren blieb Douglas-Hamilton eine treibende Kraft. Z.B. führte der von CITES 2008 erlaubte “Einmalverkauf” von beschlagnahmtem Elfenbein zu einer weiteren heftigen Welle der Elfenbeinwilderei in Afrika. In dieser wurden schätzungsweise 100.000 Elefanten getötet. Zum stärkeren Schutz der Elefanten arbeitete Douglas-Hamilton daraufhin eng mit Regierungen, internationalen Organisationen, zivilgesellschaftlichen Initiativen und Medien zusammen – unter anderem in China, dem damals größten Markt für Elfenbein. Sein Engagement trug wesentlich dazu bei, dass China 2017 seinen legalen Elfenbeinmarkt schloss, ein Schritt, der weltweit als Meilenstein des Artenschutzes gilt.

Photocredit: David Bebber
Für seine Arbeit erhielt Douglas-Hamilton zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Indianapolis Prize (2010) und 2015 den Order of the British Empire (CBE). Doch Menschen, die ihn kannten, berichten, dass Auszeichnungen für ihn nie im Mittelpunkt standen. Was ihn antrieb, waren Daten, Herdenbewegungen und die Frage, wie Elefanten langfristig überleben können.
Er hinterlässt seine Frau Oria, mit der er ein außergewöhnliches wissenschaftliches und persönliches Team bildete, sowie seine Töchter Saba und Dudu – beide selbst im Naturschutz aktiv – und sechs Enkelkinder.
Mit dem Tod von Iain Douglas-Hamilton verliert die Welt einen Forscher, dessen Arbeit weit über akademische Publikationen hinausreicht. Sein Einfluss zeigt sich in internationalen Schutzprogrammen, in politischen Entscheidungen – und in den Elefanten selbst. Jenen Herden, die heute wieder stabiler wandern. Jenen Kälbern, die in Gebieten geboren werden, die vor Jahrzehnten fast leer waren. Und in der globalen Erkenntnis, dass ihr Überleben nicht selbstverständlich ist.
Sein Vermächtnis ist kein Denkmal aus Stein, sondern ein lebendiges – in Form einer Art, die ohne sein Lebenswerk ungleich stärker bedroht wäre.

Photocredit: Oria Douglas-Hamilton