Die CITES-CoP20 in Samarkand hat eine harte Wahrheit offengelegt: Das Naturschutzmodell, das das südliche Afrika jahrzehntelang propagiert hat, ist nicht mehr glaubwürdig.
Die Naturschutz-Erzählung des südlichen Afrikas – jene Geschichte, die die Region international seit Jahren verkauft – prallte auf der 20. CITES-Vertragsstaatenkonferenz in Samarkand, Usbekistan, erstmals ungebremst gegen die Realität. Der Zusammenbruch der Vorschläge zum Handel mit Elfenbein, Nashornhorn und Giraffen war für die meisten im Raum keine Überraschung. Überraschend war vielmehr, wie vollständig die seit Langem vertretenen Rechtfertigungen unter genauer Prüfung in sich zusammenfielen.
Das waren keine taktischen Rückschläge. Es waren systemische Fehlschläge: Fehlschläge der Argumentation, der Glaubwürdigkeit und eines Naturschutzmodells, das sich mehr auf Rhetorik als auf ökologische Realität gestützt hat.
Namibias Versuch, 46 Tonnen gelagertes Elfenbein auf dem internationalen Markt zu verkaufen – von fast 79 % der Vertragsparteien abgelehnt – war das deutlichste Signal dafür, dass die Welt die Erzählung einer „besonderen Stellung“ des südlichen Afrikas nicht mehr glaubt. Die Vorschläge für weniger Beschränkungen beim Nashornhornhandel – einer für das Breitmaul-, einer für das Spitzmaulnashorn – wurden ebenso entschieden zurückgewiesen. Und auch ein multiländriger Vorstoß zur Schwächung des Giraffenschutzes scheiterte schnell.
Am Ende stand nicht mehr die Frage im Raum, warum die Vorschläge gescheitert sind, sondern: Wie konnten die Regierungen des südlichen Afrikas sich überhaupt einbilden, dass diese Ideen irgendeine Chance hatten?
Politisches Versagen Nr. 1: Bestände als Naturschutzerfolg dargestellt – obwohl sie keiner sind
Jahrelang haben Vertreter des südlichen Afrikas vermeintlich „gesunde“ Elefanten- und Nashornbestände als Beweis dafür angeführt, dass ihre Naturschutzsysteme den Handel rechtfertigten. Doch diese Darstellung bricht unter Prüfung zusammen.
Die Nashornzahlen – insbesondere in Südafrika – wurden größtenteils durch stark eingreifende, quasi-landwirtschaftliche Modelle stabil gehalten: mit Binnenmärkten, Enthornung, regelmäßigen Sedierungen, intensiver Einzäunung und bewaffneter Bewachung rund um die Uhr. Das ist keine ökologische Resilienz; das ist industrielle Wildtierverwaltung. Und sie ist extrem teuer.
Auch die Elefantenbestände werden falsch dargestellt. Hohe Dichten in einigen Gebieten werden als „Überbevölkerung“ verkauft – selbst dann, wenn diese Elefanten durch Zäune, künstliche Wasserstellen und räumliche Beschränkungen in kleine Bereiche gedrängt werden, was lokale Überfüllung erzeugt, während regionale Rückgänge und Wilderei-Hotspots verdeckt bleiben.
Die CITES-Vertragsparteien durchschauten das. Reine Bestandszahlen, losgelöst vom ökologischen Kontext, überzeugen niemanden mehr.

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Politisches Versagen Nr. 2: Die „Nachhaltige Nutzung“ hat sich von ökologischer Realität entkoppelt
Die Version nachhaltiger Nutzung des südlichen Afrikas hat sich weit von dem Prinzip entfernt, auf das sie sich beruft.
Das Modell stellt zunehmend wirtschaftliche Extraktion über ökologische Funktion – es behandelt Wildtiere als Einnahmequelle, nicht als Teil eines größeren Systems. Das führte zu einer Reihe politischer Katastrophen, darunter:
• Südafrikas katastrophale Ausweitung der Zuchtindustrie für Löwen in Gefangenschaft – aufgebaut unter genau demselben „nachhaltige Nutzung“-Mandat, das heute den Elfenbein- und Hornhandel rechtfertigen soll;
• Die Überbewertung von Elefanten-„Tragfähigkeits“-Zahlen ohne Berücksichtigung hoher Wildereiraten, klimabedingter Habitatveränderungen oder fragmentierter Wanderwege; und
• Die Annahme, Elfenbein- und Hornvorräte seien stabile finanzielle Vermögenswerte – trotz politischer und marktwirtschaftlicher Realitäten, die diese Lagerbestände auf dem legalen Markt faktisch wertlos machen.
Wenn solche Praktiken als Erfolg präsentiert werden, sagen sie mehr über politische PR aus als über Naturschutz.
Politisches Versagen Nr. 3: Die globale politische Lage wird immer wieder – und teuer – falsch eingeschätzt
Die Delegationen des südlichen Afrikas reisten zur CoP20 in der Überzeugung, die Welt sei bereit, den Elfenbein- und Hornhandel wieder zu öffnen. Diese Annahme beruhte jedoch nicht auf diplomatischer Realität, sondern auf selektiver Wahrnehmung und politischen Echokammern.
Der globale Kontext hat sich vollständig verändert.
China – einst Hauptverbrauchermarkt – hat seinen Elfenbeinhandel geschlossen. Die meisten asiatischen Staaten, mit Ausnahme Japans, haben Verbote oder strikte Beschränkungen eingeführt. Afrikanische Staaten außerhalb des Südens wurden von den Wildereiwellen der 2000er und frühen 2010er Jahre traumatisiert. Es gibt keinerlei Bereitschaft, Märkte wieder zu öffnen. Keine glaubwürdige Strategie zur Kontrolle der Nachfrage. Kein politisches Interesse, erneut mit Handelsmodellen zu experimentieren.
Die Abstimmungszahlen der CoP20 spiegelten das brutal klar wider. Das südliche Afrika hat die Lage völlig falsch gelesen – es verhält sich, als wäre noch 1997, als man die Welt erstmals zum Abverkauf der Elfenbeinvorräte bewegte, nicht 2025.

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Politisches Versagen Nr. 4: Das Ignorieren – oder Leugnen – der Folgen des Elfenbeinverkaufs von 2008
Der CITES-genehmigte Elfenbeinverkauf von 2008, bei dem Länder des südlichen Afrikas mehr als 100 Tonnen Elfenbein nach China und Japan verkaufen durften, gilt für viele afrikanische und asiatische Staaten bis heute als Auslöser weit verbreiteter Wilderei. Staaten, die in den Jahren danach Zehntausende Elefanten verloren, werden kein erneutes legales Schlupfloch akzeptieren – egal wie klein, streng kontrolliert oder begrenzt es wäre.
Die Regierungen des südlichen Afrikas versuchten jahrelang, diese Vergangenheit kleinzureden. Auch in Samarkand ist ihnen das nicht gelungen.
Politisches Versagen Nr. 5: Eine Naturschutzökonomie, die auf Spekulation statt Stabilität basiert
Das südliche Afrika argumentiert seit Langem, Wildtiere müssten sich „selbst finanzieren“. Doch der bevorzugte Mechanismus – der kommerzielle Nutzungs- und Verbrauchshandel – hat sich als unzuverlässig erwiesen.
Die Nashornzuchtindustrie in Südafrika ist tief verstrickt in Kontroversen rund um den Binnenmarkt für Nashornhorn. Trophäenjagderlöse konzentrieren sich auf wenige Betreiber statt auf Gemeinden. Der Elfenbeinhandel ist politisch seit über einem Jahrzehnt tot. Und das Giraffen-Vorhaben offenbarte, wie sehr die Logik inzwischen überdehnt wurde – der Versuch, regulatorische Abschwächungen mit schmalen, handelsgetriebenen Anreizen statt mit ökologischen Erwägungen zu begründen.
Zusammengenommen ergibt das kein Naturschutzmodell. Es ist eine Marktstrategie – und eine gescheiterte.
Ein laut vorgetragener Realitätsschock
Die Stellungnahme des International Fund for Animal Welfare nach der Abstimmung brachte die Stimmung im Saal treffend auf den Punkt. Afrikadirektor James Isiche sagte, die Vorschläge wären „nicht nachverfolgbar, nicht verwaltbar und nicht durchsetzbar“ gewesen und warnte, eine Handelsöffnung hätte „Nashörner und Elefanten in Afrika und Asien in akute Gefahr gebracht“.
Das ist kein emotionales Argument. Es ist ein politisches. Und es spiegelt einen Konsens wider, der weit über die NGO-Welt hinausgeht. Die CITES-Vertragsparteien – vor allem afrikanische Staaten außerhalb des Südens – sind zum Schluss gekommen, dass die Handelsagenda des südlichen Afrikas unvereinbar ist mit globalen Vollzugskapazitäten, internationalem Vertrauen und marktwirtschaftlichen Risiken.
Was das bedeutet
Das südliche Afrika steht nun an einem Scheideweg. Es kann weiterhin dieselben Vorschläge auf Grundlage derselben Annahmen vorbringen, gestützt auf dieselben Erzählungen von „Erfolg“, die niemanden mehr überzeugen. Es kann – wie schon bei früheren CoPs – internationale Politik und „anti-use“-Ideologien verantwortlich machen. Es kann darauf bestehen, die Welt verstehe seine Realität nicht. Oder es kann sich der Wahrheit stellen: Das Naturschutzmodell, das das südliche Afrika jahrzehntelang propagiert hat, ist nicht mehr glaubwürdig.
Die Wildtierzahlen der Region sind stark künstlich erzeugt. Die Handelsargumente sind veraltet. Die politische Logik ist von den globalen ökologischen und politischen Realitäten abgekoppelt. Die Welt hat sich weiterentwickelt. Das südliche Afrika nicht – und CoP20 hat das unübersehbar gemacht.
Eine Abrechnung, die dennoch ein Wendepunkt sein könnte
Dieser Moment schmälert nicht die Bedeutung des südlichen Afrikas im globalen Naturschutz. Er entlarvt die Fehler eines bestimmten ideologischen Ansatzes. Wenn die Region beginnt, die Annahmen zu hinterfragen, die zu diesem Zusammenbruch geführt haben – das Vertrauen in ihre Version nachhaltiger Nutzung, das Horten von Elfenbein und Nashornhorn, das Übermaß an Handelsoptimismus, die Fehlinterpretation ökologischer Zustände – könnte sie sich neu positionieren und erneut eine führende Rolle einnehmen. Doch dafür müsste sie eine Erzählung aufgeben, die die CoP20 nun endgültig verworfen hat.
Das südliche Afrika hat in Samarkand nicht verloren, weil die Welt gegen es ist. Es hat verloren, weil sein Naturschutzmodell versagt hat – ökologisch, politisch und
wirtschaftlich – und der Rest der Welt dies nun offen ausgesprochen hat.
Hier der Link zum Originalartikel: https://www.dailymaverick.co.za/article/2025-12-01-southern-africas-trade-agenda-implodes-as-and-with-it-the-veneer-of-a-successful/
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